Viele Stolpersteine bei Devisenanlagen
Die Früchte in Nachbars Garten sind immer die schönsten. Das ist auch beim Investieren so, vielfach locken ausserhalb der Landesgrenzen die «fettesten» Ertragsmöglichkeiten. Im eher defensiven Schweizer Finanzmarkt fehlen oft Kurs-Raketen wie die amerikanische Amazon, die chinesische Tencent oder Anleihen, die auch in der Tiefzinsphase noch «richtig» Rendite abwerfen, wie etwa jene aus Schwellenländern.
Dabei wird oft vergessen, dass Anleger, die ausserhalb der eigenen Währung investieren, gleich zwei Wetten eingehen. So werden einerseits die spezifischen Risiken der Anlageklasse ins Portfolio genommen, andererseits besteht auch das Risiko von Währungsschwankungen. Der Franken-Anleger geht dabei das höchste Währungsrisiko weltweit ein. Über die vergangenen 40 Jahre hat sich der Schweizerfranken im Schnitt um 2% pro Jahr aufgewertet. Das muss in ausländischen Währungen erst einmal verdient werden. Das Währungsrisiko lässt sich mit gezieltem Hedging reduzieren. Doch wann und für welche Anlageklassen ist eine solche Absicherung der Devisenrisiken sinnvoll – und was kostet sie?
«Die meisten Währungen bieten aus Schweizer-Franken-Sicht keine strukturelle Risikoprämie, welche das Eingehen des Risikos genügend entschädigen würde», sagt Anastassios Frangulidis, Anlagestratege bei der Bank Pictet. Anlageklassen, bei welchen das Währungsrisiko im Vergleich zum Gesamtrisiko einer Anlage hoch sei, würden sich grundsätzlich für eine Absicherung eignen. Das gilt gemäss Frangulidis insbesondere für Obligationen in Fremdwährungen von entwickelten Ländern.
«Der Franken-Anleger geht das höchste Währungsrisiko weltweit ein.»
Die befragten Anlage-Experten waren sich einig, dass eine Absicherung, wenn überhaupt, nur auf dem Obligationen-Anteil infrage kommt. «Höhere Zinsen in einer fremden Währung werden aber auf Dauer durch Währungsverluste vernichtet», gibt Pirmin Hotz von der gleichnamigen Vermögensverwaltung zu bedenken. Die Alternative sei deshalb, fast den gesamten Bestand an Anleihen in der Heimwährung, also in Schweizerfranken, zu halten. An der Schweizer Börse ist auch eine beschränkte Zahl von ausländischen Anleihen in Franken kotiert. «Eine Obligation eines englischen Unternehmens in Franken ist jedoch eine Frankenanlage», hält dazu Christian Gattiker, Chefstratege von Julius Bär, fest. Nur die Bonität des Emittenten berge ein gewisses britisches Risiko.
Die Strategen sind sich auch einig, dass Währungsabsicherungen auf Dividendenpapiere wenig sinnvoll sind. Pirmin Hotz begründet: Aktienmärkte, in denen die Währung schwach ist, neigten typischerweise zur Stärke, und umgekehrt. Dies deshalb, weil insbesondere die exportorientierten Unternehmen von einer schwachen Währung profitieren. Julius Bär versuche den Kunden mit bescheidenem Erfolg klarzumachen, dass sie mit einem Engagement in den SPI bereits in einen breiten Währungskorb engagiert seien.
«Ausser Swisscom und SPS erzielen die SPI-Unternehmen den grössten Teil der Einnahmen ausserhalb der Landesgrenzen», fügt Gattiker an. Novartis und Pfizer hätten bezüglich Einnahmeströmen und Währungsrisiken ziemlich die gleiche Struktur. So habe eine Dollaraufwertung gemäss Gattiker auf die Titel beider Unternehmen die gleiche Wirkung. Für ihn besteht wenig Bedarf, ausserhalb der Schweiz in Aktien anzulegen – ausser in Sektoren, welche das Land kaum biete, wie Technologie und Biotechnologie.
Die international tätigen Schweizer Unternehmen, die nur einen Bruchteil ihres Umsatzes im Heimmarkt erzielen, betreiben für ihre globalen Währungsrisiken eine eigene Absicherungspolitik mit Spezialisten. «Da braucht es keinen Vermögensverwalter, der diese Währungsrisiken auch noch zu managen versucht», sagt Hotz.
Eine Absicherung ist zudem nicht gratis zu haben – und der Aufwand muss in der Performance-Betrachtung mitberücksichtigt werden. Die Kosten resultieren zum einen aus der Zinsdifferenz zwischen der ausländischen und der inländischen Währung. Je nach Währung kann dies ein happiger Betrag sein. Lange waren Absicherungsgeschäfte für den Dollar günstig. Doch seit die Zinspolitik der Schweiz und jene der USA auseinanderlaufen, ist eine Dollar-Absicherung teuer geworden. Zusätzlich kommen die Spreads zwischen Geld- und Briefkursen beim Devisentermingeschäft dazu.
Der Währungsmarkt ist aufgrund seiner Grösse der effizienteste Finanzmarkt, den es gibt. Einzelne Anleger, auch wenn es sehr gewichtige sind, können da in der Regel nichts bewegen. Eine Ausnahme war etwa der Angriff von George Soros auf das englische Pfund. Gattiker gibt jedoch zu bedenken, dass Futures einen grossen Teil des Handelsvolumens ausmachen. Bei Kontrakten in Millionenhöhe werden am Ende oft nur Tausende von Franken bewegt.
«Eine Absicherung kommt, wenn überhaupt, nur beim Obligationen-Anteil infrage.»
Eine Strategie, die effizienter als der Spotmarkt sei, müsse man zudem erst einmal finden, führt der Julius-Bär-Stratege aus. Wenn man eine solche nicht habe, sei eine Absicherung wenig sinnvoll. Viele Investoren hätten die schmerzhafte Erfahrung machen müssen, dass sie gegen Non-Profit-Organisationen mit unbegrenzt tiefen Taschen antreten – gegen die Notenbanken.
Entschliesst man sich doch zu einer Währungsabsicherung, ist eine klare Überzeugung notwendig, dass eine Währung unter- oder überbewertet ist. Die Ausnahme von dieser Regel sind grosse institutionelle Anleger. Weil für diese der Heimmarkt an Franken-Obligationen aufgrund der begrenzten Liquidität zu klein ist, sind sie darauf angewiesen, im grossen Stil Fremdwährungsanleihen zu kaufen. Da sie aber für diese Anlagen kein Fremdwährungsrisiko tragen wollen, sichern sie sich systematisch, also dauerhaft, ab.
Wer also ein Euro-Skeptiker ist und davon ausgeht, dass die Währung kollabiert, sollte (falls er unter diesen Umständen noch engagiert ist) sein Engagement absichern. Bei der Beurteilung, ob Währungen über- oder unterbewertet sind, orientiere er sich konsequent an den Kaufkraftparitäten, sagt Pirmin Hotz. Langfristig tendierten Fremdwährungen zu ihrem fairen Wert, welcher an der Kaufkraft gemessen wird. Eine Absicherung der Fremdwährung kommt für Hotz dann infrage, wenn die ausländische Valuta mindestens 10% vom fairen Wert abweicht.
Glaubt der Anleger eine Unterbewertung einer Währung erkannt zu haben, dann kann er in einem beschränkten Umfang diese Valuta in sein Portfolio streuen. Wenn seine Erwartung aufgeht, verkauft er die Währung wieder mit Gewinn. Das sei die pragmatische Anlagepolitik bei den meisten Kunden, erklärt Hotz. Eine systematische Absicherung vorzunehmen, sei sehr aufwendig und vor allem zu teuer.
Entschliesst man sich doch für einen «Währungs-Hedge», bieten sich unterschiedliche Instrumente an. Vermögensverwalter Hotz setzt dafür ausschliesslich auf Devisentermingeschäfte. Anastassios Frangulidis bevorzugt Futures mit einer Laufzeit von einem, drei oder mehr Monaten. Das sei das effizienteste und am besten geeignete Instrument, um Währungsabsicherungen vorzunehmen. «Viele von der Schweizer Finanzindustrie produzierte Instrumente bieten eine solche Absicherung an», fügt er an. Gattiker wendet ein, dass Risiken und Hebelwirkungen von Währungsderivaten für den Durchschnittsanleger – und da zähle er sich dazu – schwer zu verstehen seien.
Für den Privatanleger ist festzuhalten, dass eine Versicherung immer Geld kostet und sich im Währungsbereich nur in wenigen Fällen rechnet. Portfolios mit grossen Fremdwährungsanteilen sind nur etwas für erfahrene – wenn nicht professionelle – Investoren. Zudem gibt es eine Grenze für die Kontrollmöglichkeit, nicht alle Risiken lassen sich limitieren. Wer überdies mit einer Versicherung ein Währungsrisiko ausschliesst, gibt einen Teil der Diversifikation auf, die er mit Fremdwährungen angestrebt hat.