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Eigenmittel, Eigenmittel und nochmals Eigenmittel

Eigenmittel, Eigenmittel und nochmals Eigenmittel

Immer wieder wird davor gewarnt, dass eine höhere Kapitalisierung Banken wie der UBS Nachteile verschaffen würde. Auf lange Frist ist das Gegenteil der Fall.

In der öffentlichen Diskussion besteht Konsens, dass die einzige verbleibende Schweizer Grossbank international wettbewerbsfähig und stabil aufgestellt sein soll. Eine weitere staatliche Rettungsübung darf es nicht geben. Dissens besteht hinsichtlich der geeigneten Massnahmen, um dieses Ziel zu erreichen.

Der Untergang der CS gibt lehrbuchmässig Anschauungsunterricht, welche Notmassnahmen bei einer potenziellen Schieflage der UBS nicht funktionieren. Erstens erweist sich die Abwicklung einer systemrelevanten Bank als praxisuntauglich, weil in einem solchen Fall weltweit die Angst vor einer Systemkrise grassiert und Druck aus dem Ausland, insbesondere den USA, dieses Szenario verunmöglicht. Zweitens entpuppt sich die Idee, die zur Sanierung geschaffenen AT-1-Bonds frühzeitig in Eigenkapital zu wandeln, als illusorisch. Eine Wandlung sendet verheerende Signale betreffend Zustand der Bank an den Kapitalmarkt – und befördert den Untergang so erst recht.

Schöne Theorie – und die Praxis

Drittens wird auch der künftig vorgesehene Public Liquidity Backstop nur in der Theorie funktionieren, nicht aber in der Praxis. So wissen wir heute, dass die CS im Herbst 2022, als die Krise existenzbedrohend wurde, freiwillig auf die Inanspruchnahme von Liquidität der SNB verzichtet hat. Sobald öffentlich wird, dass eine Bank staatliche Liquiditätshilfe in Milliardenhöhe erhält, bricht am Markt Panik aus, die von Aktionärsaktivisten und Hedge-Funds noch verstärkt wird.

Wer die Ursachen des Untergangs einer Bank ergründen will, muss die Logik des zeitlichen Ablaufs verstehen. Zuerst führt jahrelanges Missmanagement zu notorischen Verlusten und erodierendem Eigenkapital. Schleichend schwindet in der Folge das Vertrauen nervöser Sparer, die um ihr Geld bangen. Irgendwann bringt der berühmte Tropfen das Fass zum Überlaufen – bei der CS war es der Tweet eines unbekannten australischen Journalisten. Es folgt eine Panik, die in einem Bank-Run endet. Wichtig ist die Feststellung, dass ein Vertrauensverlust nie aus heiterem Himmel erfolgt, sondern immer die Folge fatalen Missmanagements ist, welches die Substanz der Bank bedrohlich angreift. So geschehen bei der Credit Suisse.

Die UBS verweist darauf, dass sie ihre Strategie angepasst und die Risiken reduziert habe. Das ist jedoch keine Garantie, mit der ein zukünftiger GAU ausgeschlossen werden kann. Kelleher und Ermotti werden ihre Plätze spätestens in ein paar Jahren freimachen, neue Kräfte werden die Strategie der Bank überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Die Erfahrung zeigt, dass sich alte Fehler unter neuer Führung wiederholen. Fehlentscheide und Missmanagement sind nur eine Frage der Zeit. Der wirksamste Schutz, um die damit einhergehenden Risiken abzufedern, ist eine hohe Eigenkapitalquote.

Ein tüchtiges «Swiss Finish»

Die UBS verfügt derzeit über ein ungewichtetes Eigenkapital von 4,7 Prozent der Bilanzsumme. Das neue Regelwerk «Basel III» verlangt von der Bank zusätzliches Kapital von rund 19 Milliarden Dollar, wodurch die Quote auf 5,9 Prozent steigen wird. Bundesrätin Karin Keller-Sutter fordert weitere 15 bis 25 Milliarden, was die harte Eigenkapitalquote auf 6,9 bis 7,6 Prozent ansteigen liesse. Es ist zu bezweifeln, dass das reichen wird. So ist die CS in einer konjunkturell fast wolkenlosen Phase untergegangen.

Renommierte Wissenschafter wie Anat Admati, Martin Hellwig und der Nobelpreisträger Simon Johnson setzen sich seit vielen Jahren für ein hartes Eigenkapital von 15 bis 20 Prozent ein – das Zwei- bis Dreifache dessen, was der Bundesrat will. Ein «Swiss Finish» ist aus Sicht der Steuerzahler allein deshalb nötig, weil die Bilanzsumme der UBS die doppelte Höhe des schweizerischen Inlandprodukts erreicht. JP Morgan, die grösste Bank der Vereinigten Staaten von Amerika, repräsentiert gerade einmal 14 Prozent der US-Wirtschaftsleistung. Die Option eines Wegzugs der UBS ins Ausland wäre bedauerlich, ist aber einzig Sache der Aktionäre.

Die UBS weist warnend darauf hin, dass höhere Eigenkapitalerfordernisse ihre Wettbewerbsfähigkeit einschränken und die Kreditzinsen ihrer Kunden verteuern würden. Dieser von Bankern gebetsmühlenartig verkündeten These ist zu widersprechen. Wie der Untergang der CS belegt, ist auf die lange Frist das Gegenteil der Fall. Ein tiefes Eigenkapital führt dazu, dass sich die Bank im Krisenfall nur zu horrenden Zinsen oder gar nicht mehr refinanzieren kann, so dass ihr Geschäft zum Nachteil ihrer Aktionäre und Kunden unrentabel wird. Tiefe Eigenmittel befördern zudem eine fragwürdige Bonus- und Risikokultur der Manager, die vor allem Hasardeure als Aktionäre anlockt.

Um das potenzielle Risiko eines Bankrotts zu minimieren, ist eine markant höhere Kapitalisierung der über eine implizite Staatsgarantie verfügenden UBS alternativlos. Sie verbessert ihre Refinanzierungskonditionen, Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandskraft. Davon profitieren nicht nur die Schweizer Steuerzahler, sondern auch die Kunden und langfristig denkende Aktionäre der Bank.


NZZ
12. März 2025

Autor

Dr. Pirmin Hotz
Pirmin Hotz ist Gründer und Inhaber der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen AG mit Sitz in Baar.

 


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