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Wie Pensionskassen besser werden

Wie Pensionskassen besser werden

Statt den Fokus darauf zu legen, irgendwelche Indizes zu schlagen, wären die Institutionen der Altersvorsorge gut beraten, ihre strategische Positionierung zu überprüfen.

Wer im Jahr 2024 auf Aktien gesetzt und dabei einen starken Akzent auf die Schweiz und Europa gelegt hat, dürfte eine Rendite erzielt haben, die bei etwa 14% liegt - deutlich über dem langfristigen Mittel von rund 8%. Bei aller Freude stellt sich die Frage: Sind 14% Rendite ein gutes oder im Gegenteil ein miserables Resultat?

Wer das Ergebnis mit dem schweizerischen Aktienmarkt SPI vergleicht, der im letzten Jahr eine Rendite von 6,2% abgeworfen hat, wird sich auf die Schulter klopfen. Die Überperformance beträgt überragende 7,8%. Wird hingegen der Weltmarktindex MSCI World (Referenzwährung Franken) als Benchmark herangezogen, trübt sich das Bild rapide. Er hat im Jahr 2024 die herausragende Rendite von 29% erzielt. Damit zeigt sich, welche Tücken Benchmark-Vergleiche in der Vermögensanlage haben. Je nachdem, mit welchem Referenzindex verglichen wird, sieht sich der Investor oder der Geldverwalter entweder als Überflieger oder als Versager.

Nun lässt sich einwenden, dass in beiden Fällen Äpfel mit Birnen verglichen werden. Deshalb wird im professionellen Pensionskassengeschäft der Benchmark-Vergleich in einer Weise durchgeführt, dass die Anlagen im Portfolio mit der Benchmark vergleichbar sind. Schweizer Aktien werden mit dem Schweizer Aktienindex SPI verglichen, deutsche mit dem Dax und amerikanische mit dem S&P 500. Mandatierte Berater legen schliesslich eine Benchmark fest, an der die Performance der betrauten Asset-Manager gemessen wird.

Kuscheln mit dem Index

Die Folge ist, dass die meisten Manager nahe an der Benchmark investieren, um das Risiko des Scheiterns zu minimieren. Diese Praxis bietet den Verantwortlichen einer Pensionskasse Sicherheit, denn ein engmaschiges Controlling der Berater und ein klar definierter Tracking Error (ein Mass, das festlegt, wie stark ein Asset-Manager von der Benchmark abweichen darf) sorgen dafür, dass Unfälle weitestgehend vermieden werden können. Diese Vorteile erkaufen sich Pensionskassen jedoch nicht, ohne dafür einen Preis zu bezahlen.

Das passive Investieren und «Kleben» der Manager an der Benchmark hat Klumpenrisiken zur Folge. So nimmt der amerikanische S&P 500, der im Jahr 2024 in der Referenzwährung Franken 35,2% abgeworfen hat, im Weltindex ein Gewicht von über 70% ein. Davon machen allein die US-Tech-Riesen, die sogenannten Magnificent Seven, rund ein Drittel aus. Anhänger des passiven Investierens sollten konsequenterweise mit diesem Gewicht in den USA anlegen, sonst sind sie nicht passiv.

Japan hatte im Boom der späten Achtzigerjahre ein Gewicht von 50% im Weltindex. Indexnahe Investoren haben den anschliessenden Absturz der Börse im Land der aufgehenden Sonne mit hohem Gewicht leidvoll mitgemacht. Auch das schwierige Jahr 2022, als die amerikanischen Tech-Giganten zur Schwäche neigten, offenbarte die hohen Risiken des passiven Anlegens - viele Pensionskassen erlitten Verluste von 15% oder mehr.

Klumpenrisiken gibt es auch am Schweizer Aktienmarkt. Wer passiv anlegt, war Anfang 2024 mit einem Anteil von über 17% in Nestlé investiert und litt unter dem markanten Kursrückschlag. Bei aller Sympathie für diesen Qualitätstitel lassen sich die Klumpenrisiken des indexnahen Investierens mit einer simplen Gleichgewichtung der Aktien einfach eliminieren.

Es ist wissenschaftlich unstrittig, dass die Gleichgewichtung der Aktien langfristig deutlich besser abschneidet als die gängige Kapitalisierungsgewichtung. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Erstere antizyklisch wirkt. Titel, die eine Schwächephase haben, werden dazugekauft, während die Spitzen bei gut gelaufenen Valoren durch Verkäufe gebrochen werden. Im Gegensatz dazu wirkt die indexnahe Benchmark-Praxis prozyklisch. Titel, die gut gelaufen sind, werden im Gewicht systematisch erhöht. So holt man sich Klumpenrisiken ins Portfolio.

Wenn sich «Benchmark-Kuschler» einbilden, mit dem Kauf von Indexprodukten seien sie passive Investoren, machen sie sich etwas vor. Die wichtigste Entscheidung der Anleger ist nämlich die Festlegung der Anlagestruktur, die für 80 bis 90% der Performance verantwortlich ist. Dieser Entscheid ist für jeden Investor ein ausgesprochen aktiver.

Alles selbst gebastelt

Wie hoch soll der Aktienanteil sein? Soll in hoch verzinsliche Obligationen investiert werden, und wie geht man mit Währungsrisiken um? Macht es Sinn, in alternative Anlagen zu investieren? Pensionskassen und ihre Berater berufen sich mit Recht auf die Effizienz der Kapitalmärkte und die Tatsache, dass die meisten Experten es nicht schaffen, langfristig die Benchmark zu schlagen.

Wenn dem so ist, stellt sich die Frage: Wie ist unter dieser Prämisse zu rechtfertigen, dass Pensionskassen in besonders aktiv gemanagte Schwellenmärkte, Private Equity, Infrastruktur und Hedge Funds investieren? Das passt irgendwie nicht zusammen. Wenn es die Erzielung einer systematischen Überrendite im Segment kotierter Aktien nicht gibt, ist schwer nachvollziehbar, dass es sie in oft überteuerten, illiquiden und intransparenten Anlagen geben sollte.

In der Schweiz gibt es mittlerweile rund 1900 börsengehandelte Fonds (ETF) auf unterschiedlichste Indizes. Im Vergleich dazu sind nur gerade rund 200 Unternehmen kotiert. Welche Indizes schliesslich für die Benchmark ausgewählt werden, ist wiederum ein aktiver und oft willkürlicher Entscheid.

Es erstaunt deshalb nicht, dass entgegen jeder Empirie die Mehrheit der Geldmanager von sich behauptet, langfristig ihre Benchmark geschlagen zu haben. Das ist wohl nur damit zu erklären, dass sich bei der Vielzahl von Indizes jede «gewünschte» Benchmark zusammenstellen lässt, um die jeweilige Performance schönreden zu können.

Passives Indexieren und Benchmark-Orientierung führen inhärent dazu, dass das Denken der Verantwortlichen von Pensionskassen abgestellt wird. Da zudem viele Berater zu ihrem Eigenschutz risikoavers beraten, führt dies oft dazu, dass die Strategie der Pensionskassen suboptimal definiert ist. Der Fokus ist darauf gerichtet, im Monatsrhythmus die Über- oder die Unterperformance zu einer wie auch immer gearteten Benchmark zu messen, was in effizienten Märkten zum grössten Teil dem Zufall geschuldet ist.

Vorbild Norwegen

Nicht dem Zufall überlassen werden darf jedoch die Festlegung der langfristig optimalen Strategie. Im Durchschnitt hält eine schweizerische Pensionskasse rund 30% Aktien. Das ist zu wenig und nur beschränkt mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen erklärbar. Als Leuchtturm einer langfristig erfolgreichen Anlagestruktur dient der norwegische Staatsfonds, der aufgrund seines gigantischen Volumens von rund 1,6 Bio. Fr. kapitalisierungsgewichtet anlegt und im Jahr 2024 eine Rendite von 13% ausgewiesen hat.

Er ist zu 72% in Aktien, zu 26% in Obligationen und zu 2% in Immobilien investiert. Die langfristige Rendite liegt etwa um 50% höher als diejenige des Durchschnitts schweizerischer Pensionskassen. Den Verantwortlichen des äusserst erfolgreichen Staatsfonds, der aus Überzeugung auf alternative Anlagen verzichtet, dürfte ziemlich egal sein, ob sie in einzelnen Jahren ihre wie auch immer geartete Benchmark schlagen oder nicht. Wer optimal aufgestellt ist, braucht keine Benchmark zu schlagen, denn die Umsetzung der Strategie entspricht dann exakt der Benchmark.


FuW
22. März 2025

Autor

Dr. Pirmin Hotz
Pirmin Hotz ist Gründer und Inhaber der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen AG mit Sitz in Baar.

 


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  • Langfristig