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Votum für eine weltweite Weissgeldstrategie

Ob die Schweiz zum automatischen Informationsaustausch übergeht oder das Modell der Abgeltungssteuer doch noch durchsetzen kann, ist im Zuge der Ereignisse kaum mehr von Bedeutung. Denn unversteuerte Gelder sollen auf dem Finanzplatz in Zukunft keinen Platz mehr haben.
Von Pirmin Hotz und Thomas Hauser

Die Welt von morgen wird für die schweizerischen Banken und Vermögensverwalter definitiv nicht mehr die Welt von gestern sein. Im Zuge des ausländischen Drucks auf das Bankgeheimnis werden sie gezwungen, ihr Geschäftsmodell anzupassen.

Absehbare Konsequenzen
Erstens müssen die Branchenvertreter mit Unterstützung der Politik und mit Hartnäckigkeit dafür besorgt sein, dass sich die Schweiz nicht als Musterknabe in vorauseilendem Gehorsam dem Diktat der EU oder der USA unterwirft. Die Weissgeldstrategie muss mit ihren Wettbewerbern in Singapur, Hongkong, Dubai, Delaware oder auf den Kanalinseln abgestimmt sein und weltweit umgesetzt werden – beispielsweise koordiniert durch die OECD. Es kann nicht sein, dass «schwarzes» Geld aus der Schweiz über obskure Kanäle in andere Offshore-Zentren verschoben oder dort weiterhin toleriert wird.

Zweitens ist eine Weissgeldstrategie nur dann konsequent, wenn sie gegenüber allen Kunden durchgesetzt wird. Zurzeit gibt es die Tendenz, einerseits besonders deutsche und amerikanische Kunden abzulehnen, anderseits Kunden aus Ländern und Regionen wie China, Indien, Russland, Nahost, Afrika oder Lateinamerika mit offenen Armen zu empfangen. Es wäre ein Hohn, wenn ein anständiger Besitzer eines Molkereibetriebs in Bayern oder Ohio schwereren Zugang zu einem Wertschriftendepot bei einer Schweizer Bank hätte als korrupte Funktionäre aus China oder Günstlinge afrikanischer Diktatoren. International gültige und durchsetzbare Regeln sollen dafür sorgen, dass dreckiges Geld aus zweifelhaften Quellen zurückgewiesen wird – überall und nicht nur in der Schweiz.

Ein Blick auf die Neugeldzuflüsse der schweizerischen Banken lässt allerdings vermuten, dass die Umsetzung der bundesrätlichen Weissgeldstrategie zurzeit bedeutet, den Abfluss unversteuerter deutscher und amerikanischer Gelder durch den Zustrom mutmasslich unversteuerter Gelder aus Ländern zu kompensieren, in denen zum Teil nicht einmal die legale Herkunft schlüssig dargelegt werden kann. Mit dieser Umsetzung würde die Saat für künftige Rechtsfälle ausgebracht.

Eine konsequente Umsetzung der Weissgeldstrategie wird auch, drittens, die Anlagestrategie der Finanzdienstleister massgeblich beeinflussen. Wenn die Gelder versteuert sind, verlangt der Kunde vermehrt nach Transparenz. Hochmargige Fonds und komplexe strukturierte Produkte verlieren an Bedeutung. Der Kunde wird sie zunehmend ablehnen, da er nicht mehr bereit ist, Anlagen zu tätigen, an denen primär der Anbieter verdient. Er wird seine Investitionen kritischer hinterfragen, so dass die Beratungsqualität und die Performance stärker in den Vordergrund rücken. Direktanlagen in Obligationen und Aktien sowie kostengünstige Indexprodukte, aber auch bankeigene Finanzprodukte, werden an Bedeutung gewinnen. Hingegen wird die in den letzten Jahren hochgepriesene «Open Architecture», die den Kunden die Auswahl der stets «besten» Fonds suggeriert, an Bedeutung verlieren.

Diese Entwicklung wird auch dadurch unterstützt, dass das bundesgerichtliche Verbot von Retrozessionen und Vertriebsentschädigungen den Anreiz der Vermögensverwalter mindert, überteuerte Produkte zu vertreiben. Es wird immer weniger naive Kunden geben, die bereit sind, versteckte Gebühren zu bezahlen. Weiter werden auch handelsorientierte Strategien an Bedeutung verlieren, da informiertere Kunden die Strategie ihres Vermögensverwalters bezüglich Kosten und Performance kritischer hinterfragen werden.

In der Konsequenz bedeutet dies, viertens, dass die Erträge der Banken und Vermögensverwalter markant sinken werden. Während sich der Inhaber unversteuerter Gelder früher gleichsam in einer Schicksalsgemeinschaft mit seinem Kundenbetreuer befand, die auf einer gegenseitigen Abhängigkeit beruhte, ist in einer Weissgeld-Welt die Beziehung zwischen Kunde und Berater weniger stark konditioniert. Der Weissgeld-Kunde ist nicht mehr bereit, seine «Sünden» mit überhöhten Gebühren zu «sühnen». Er verlangt nach transparenten und kostengünstigen Anlagen, die eine entsprechende Performance abwerfen.

Auf die Kosten achten
Sodann stehen die Berater unter Druck, weil sie von der Bankleitung weiterhin angehalten werden, den Kunden überteuerte Bankprodukte und Dienstleistungen zu verkaufen, um die geschmälerte Marge aufzubessern. Wenn aber die Qualität und das Ergebnis nicht stimmen, wird sich der Kunde wehren oder die Bank wechseln. Schliesslich sind, fünftens, Banken und Vermögensverwalter gut beraten, im Zuge der Umsetzung einer Weissgeldstrategie ihre Kostenbasis anzupassen. Um es überspitzt zu formulieren: Man muss sich eine Weissgeldstrategie, die von steigenden Kosten einer ausufernden Regulierung und einem Verbot von Vertriebsentschädigungen begleitet ist, überhaupt noch leisten können!

Zukunftsorientierte Vermögensverwalter tun deshalb gut daran, ihre Kostenbasis zu verschlanken. Exorbitante Löhne, die gewisse Bankkader noch immer abschöpfen, sind nicht mehr zeitgemäss. Denjenigen Anbietern, die sich dessen bewusst sind und sich konsequent den Herausforderungen der Weissgeldstrategie stellen, gehört die Zukunft.

Pirmin Hotz, Dr. oec. HSG, und Thomas Hauser, Dr. rer. pol., sind Inhaber und Partner der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen AG in Baar.


26. Juni 2013


Autoren

PRIMIN HOTZ
ist Gründer der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen in Baar. Die Firma hat 12 Mitarbeiter und betreut Private und Pensionskassen. Bei Hotz stiegen die verwalteten Vermögen um 12%.

THOMAS HAUSER
ist geschäftsführender Partner der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen AG.


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