Vom Megatrend zum Megaflop
Die meisten Anleger verlieren Geld mit modischen Megatrend-Produkten. Das ist beim Flagship-Fonds der amerikanischen Starinvestorin Cathie Wood in ausgeprägtem Mass der Fall.
Wer möchte nicht von den grossen wirtschaftlichen Veränderungen und Entwicklungen, die die Welt hervorbringt, profitieren? Wer auf Megatrend-Fonds setzt, investiert in Unternehmen, in denen die Post abgeht. Doch mit Megatrend-Produkten ist es wie mit der Mode – sie kommen und gehen. Wir erinnern uns an die Hypes mit der Solarenergie, den aufstrebenden Bric-Schwellenländern Brasilien, Russland, Indien und vor allem China, den seltenen Erden, der Nanotechnologie, der veganen Ernährung und mit Cannabis. Auf eine Phase der Euphorie folgte jeweils die Ernüchterung mit schmerzlichen Kursstürzen.
So ist es auch mit dem jüngsten Megatrend, der auf die Gewinner der Pandemie setzt. Der Ende September 2020 vom weltgrössten Vermögensverwalter BlackRock emittierte iShares Virtual Work and Life Multisector ETF investiert in Gesellschaften, die in der Pandemie von Lockdowns, Mobilitätseinschränkungen, dem Trend zu Home Office sowie dem Zugang zur virtuellen Welt profitiert haben. Der Fonds ist zum Flop mutiert. Wer bei der Auflegung im Herbst 2020 investiert hat, sitzt heute auf einem Verlust von rund 40%. Wer Mitte Februar 2021 eingestiegen ist, als Angst und Schrecken der Pandemie und damit die Euphorie für solche Produkte ihren Höhepunkt erreichten, hat seither weit über die Hälfte seines Geldes eingebüsst.
Erfahrungen zeigen, dass bereits zehn Jahre nach Auflegung eines Megatrend- oder Themenprodukts, die oft prozyklisch in Hype-Phasen emittiert werden, mehr als die Hälfte davon geschlossen respektive liquidiert war, weil die Erwartungen der Anleger verfehlt wurden. Das amerikanische Finanzinformations- und Analyseunternehmen Morningstar spricht in diesem Zusammenhang von einem «gut gefüllten Friedhof» von innovativen Finanzprodukten. Weil naturgemäss nur die überlebenden Fonds in den Performancehitlisten erfasst werden, sieht der Erfolgsausweis der Megatrend-Produkte trotzdem beeindruckend aus. Den Investoren wird ein geschöntes Bild präsentiert.
«Wer in ein diversifiziertes, qualitativ hochwertiges und international abgestütztes Aktienportfolio investiert, beteiligt sich automatisch auch an den Megatrends dieser Welt, ohne exzessive Risiken einzugehen.»
Flaggschiff läuft auf Grund
Der Megatrend-Superstar der vergangenen Jahre ist die Amerikanerin Cathie Wood, die 2014 ihren Flagship Fund ARK Innovation ETF aufgelegt hat und in Finanzkreisen als die «beste Investorin der Welt» gilt. Seit Jahren setzt sie auf hoch bewertete Unternehmen der Technologie-, der Internet-, der Fintech- und der Biotech-Branche. Zu ihren grössten Positionen gehören Aktien von Tesla, Coinbase, Teladoc Health, Roku, Shopify, Spotify und Zoom Video Communications. Darüber hinaus investiert Wood in Kryptowährungen. Die «disruptiven Technologien» ihrer Anlagen sollen die Welt verändern.
Der ARK Innovation ETF ist ein perfektes Beispiel, um aufzuzeigen, warum die meisten Investoren mit Superstars und ihren Megatrend-Fonds trotz vermeintlich hoher Rendite viel Geld verlieren. Cathie Wood erwirtschaftete in den Jahren 2017 und 2020 eine herausragende Performance von 87 bzw. 153%, was ihr im Vergleich zur Technologiebörse Nasdaq (30 und 45%) und zum S&P 500 (22 und 18%) einen enormen Vorsprung einbrachte. Am 10. Februar 2021 erreichte ihr Fonds den Höchststand.
Dann folgte der jähe Absturz. Per Ende Mai 2022 hat der ARK Innovation ETF rund 75% eingebüsst. Nach diesem Debakel stellt sich die telegene Verkäuferin und Prophetin Cathie Wood – sie erwartete noch Ende 2021, dass sich der Bullenmarkt bis 2038 fortsetzen und sich der Bitcoinkurs verzehnfachen würde – auf den Standpunkt, dass ihre jährliche Rendite seit dem Startzeitpunkt im November 2014 bis Ende Mai 2022 immer noch solide 12% betrage. Das entspricht ziemlich genau der Rendite des S&P 500. Alles also nur halb so schlimm und die Welt für ihre Investoren in Ordnung? Leider nein, das Gegenteil ist der Fall.
Performance irreführend ausgewiesen
Bei der kolportierten jährlichen Rendite von 12% handelt es sich um die sogenannte zeitgewichtete Rendite TWR (Time Weighted Return). Diese Methode, die in der Finanzbranche Standard ist, unterstellt, dass die Berechnung der Rendite unabhängig davon sein soll, wie hoch die in einzelnen Jahren verwalten Gelder sind. Jedes einzelne Jahr hat in der Performanceberechnung das gleiche Gewicht. Das bedeutet, dass die Performance des «Superjahres» 2017 (87% Rendite), in das Cathie Wood mit einem überschaubaren Anlagevolumen von 12 Mio. $ gestartet war, das gleiche Gewicht hat wie die katastrophale Performance in der Zeit von 2021 und 2022 (–23% für 2021, –53% bis Mai 2022), als sie zeitweise über 17 Mrd. $ verwaltete, also das rund 1400-Fache des Jahres 2017. Milliardenschwere Zuflüsse sorgten im Zuge ihres Erfolgs während der Pandemie dafür, dass ihr Fondsvolumen ab dem Jahr 2020 schier explodierte.
Doch genau darin liegt die Krux der Performancewahrheit. Wichtig ist nämlich zu wissen, dass die zeitgewichtete Performancemethode bei solch gewaltigen Kapitalflüssen irreführend ist. Tatsache ist, dass die allermeisten Investoren nicht bei Auflage des Fonds, sondern im Zuge des Technologiebooms erst sehr viel später eingestiegen sind. Sie sind auf den fahrenden Zug aufgesprungen, als der Fonds in allen Medien längst breitgeschlagen wurde und der Hype ausgelöst war. So sind über 95% der Neugelder erst im Lauf der Jahre 2020 und 2021 in den Fonds geflossen. Die meisten Investoren konnten somit von der herausragenden Performance der Jahre 2017 und 2020 kaum oder gar nicht profitieren und haben beim anschliessenden Niedergang des Fonds viel Geld verloren.
Vorsicht vor teuren Modeprodukten
Wer die wahre Performance der Fangemeinde von Cathie Wood wissen will, muss die geldgewichtete Renditemethode MWR (Money Weighted Return) kennen. Sie gewichtet die Rendite der einzelnen Jahre mit dem jeweils investierten Fondsvolumen. Weil sich dieses im Laufe der Zeit fulminant erhöht hat, werden somit die Jahre 2021 und 2022 viel stärker gewichtet als die Jahre 2014 bis 2020. Zumindest aus Sicht der Investoren ist diese Betrachtung höchst relevant, denn sie berücksichtigt die enormen Kapitalflüsse in den Fonds. Die geldgewichtete Performance von Cathie Wood seit Auflegung ihres Fonds im November 2014 bis Ende Mai 2022 lässt aufhorchen: Sie beträgt –34%, jährlich.
Die vom ARK Innovation ETF ausgewiesene jährliche TWR-Rendite von 12% ist somit ein Trugschluss. Bei Lichte betrachtet haben nämlich die allermeisten Investoren massiv Geld verloren. Das zeigt sich ausser an der geldgewichteten jährlichen Performance von –34% auch daran, dass netto über all die Jahre 17,3 Mrd. $ in den Fonds eingezahlt wurden, per Ende Mai 2022 aber nur noch 8,8 Mrd. $ übrig geblieben sind; 8,5 Mrd. $ sind verdampft. Der Megatrend-Fonds von Cathie Wood entpuppt sich für ihre Anleger somit als Megaflop.
Dieses Lehrbeispiel zeigt überdies eindrücklich die Gefahren auf, wenn der Fokus in der Auswahl eines Finanzprodukts oder auch eines Vermögensverwalters einseitig auf die historische Performance gelegt wird. Auf sündhaft teure Modeprodukte kann das Anlegerpublikum getrost verzichten. Wer in ein diversifiziertes, qualitativ hochwertiges und international abgestütztes Aktienportfolio investiert, beteiligt sich automatisch auch an den Megatrends dieser Welt, ohne exzessive Risiken einzugehen.
Dr. Pirmin Hotz
ist Gründer und Inhaber der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen AG mit Sitz in Baar
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