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Keine Konkurrenz durch Roboter

Keine Konkurrenz durch Roboter

Neobanken und Investitionsroboter wollen mit benutzerfreundlichen Angeboten Vermögensverwaltern den Rang ablaufen. Diese bleiben gelassen und verweisen auf Individualität und ihr Fachwissen.

Die Vermögensverwaltung hat in der Schweiz lange Tradition. Seit dem Zweiten Weltkrieg floriert das Geschäft mit Privatkunden, die ihr Geld nicht selbst anlegen wollen. Vermögensverwaltungen schaffen Abhilfe: Gegen Honorar legen sie das Kapital von Kundinnen und Kunden an, um damit Gewinn zu erzielen. Ein Grund, wieso viele ihr Geld professionell verwalten lassen, liegt in der Zeit- und Arbeitsersparnis. Kundinnen und Kunden müssen sich so nicht mit komplizierten Vorgängen an der Börse herumschlagen.

Doch nun wollen Produkte in der Schweizer Finanzindustrie den Handel für alle vereinfachen: Neobanken einerseits erlauben einfachste Investitionen, Robo-Advisors andererseits bieten automatisierte Anlagestrategien. Braucht es in diesem Zusammenhang noch klassische Vermögensverwaltungen?

«Vermögensverwalter oft nicht mehr notwendig»

Für Markus Schwab, CEO der Neobank Yuh, steht fest: «Wir möchten, dass unsere Nutzer ihre finanzielle Zukunft selbst in die Hand nehmen können. Daher ist ein klassischer Vermögensverwalter oft nicht mehr notwendig, ausser bei ganz speziellen Bedürfnissen oder grossen Vermögen.» Yuh wurde 2021 von Postfinance und Swissquote gegründet mit dem Ziel, alle Finanzdienstleistungen in einer App anzubieten.

Neobanken befinden sich in der Schweiz generell auf dem Vormarsch. Diese verfügen über keine Bankfilialen und agieren nur im Online-Banking. Sie sprechen vornehmlich eine junge Kundschaft an und locken mit einfacher Bedienung, vielen Handlungsmöglichkeiten und niedrigen Gebühren. Die Kontoführung ist oft komplett kostenfrei, auch Bezahlung im Ausland passiert zu vorteilhaften Konditionen. 

Insbesondere im Handel machen die Neobanken vorwärts: «Mit Yuh können unsere Nutzer selbstständig und rund um die Uhr investieren – ganz ohne Depotgebühren und mit niedrigen Tradinggebühren von 0,5 Prozent für Wertpapiere», sagt Yuh-Chef Schwab.

Vermögensverwaltungen punkten mit Fachwissen

Dass Neobanken Vermögensverwaltungen verdrängen, glauben hingegen Pirmin Hotz und Benjamin Fuchs von der Baarer Firma Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen AG nicht. «Neobanken sind insofern spannend für Anleger, weil die traditionellen Banken unfreundliche Angebote haben», sagt Fuchs. Gemäss einer Online-Befragung der Vergleichsplattform Moneyland sind die insbesondere im Wertpapierhandel hohen Gebühren tatsächlich ein Hauptkritikpunkt an herkömmlichen Banken. Für Anlegerinnen und Anleger, die selbstständig investieren wollen, böten sich Neobanken durchaus an, meint Pirmin Hotz. Dazu müsse der Anleger aber über profundes Wissen im Finanzbereich verfügen. Die Neobanken suggerieren mit plakativem Auftritt, dass Investieren ein Kinderspiel sei, weisen aber teilweise nicht genügend auf die Gefahr hin, die bei selbstständigem Handel besteht.

Derselben Meinung ist auch der geschäftsführende Partner des Zuger Vermögensverwalters Zugerberg Finanz. Für Timo Dainese ist klar, dass Neobanken Vermögensverwaltern den Rang nicht ablaufen können. Denn die vermeintliche Einfachheit des Handels bei Neobanken könne täuschen, besonders bei fehlenden Kenntnissen. Hier setze die Vermögensverwaltung an: «Durch unsere Expertise und persönliche Beratung schaffen wir einen erheblichen Mehrwert. Unsere Kunden schätzen die Möglichkeit, ihr Geld ebenso wie die Mitarbeiter und die Führung von Zugerberg Finanz zu investieren. Wir sitzen im gleichen Boot und treffen die bestmöglichen Entscheidungen in jedem Moment.»

Dainese konnte in den vergangenen Jahren erhebliche Veränderungen in den Kundenanforderungen im Finanzsektor beobachten. Diese seien auch durch den Einfluss von Neobanken und der Digitalisierung geprägt, sagt er. «Kunden verlangen zunehmend nach Transparenz. Sie wünschen klare Informationen zu Gebühren und Leistungen, um nachvollziehen zu können, wofür sie bezahlen.» Gleichzeitig würden viele nach massgeschneiderten Lösungen suchen, die auf ihre individuellen finanziellen Ziele und Lebensumstände abgestimmt sind. «Das erfordert eine gründliche Analyse und persönliche Beratung.»

Als kostengünstiges Gegenstück zu Vermögensverwaltern präsentieren sich in jüngster Zeit vermehrt Robo-Advisors.

«Der Kunde braucht Vertrauen, und ein Roboter kann ihm dieses nicht geben.»

Robo-Advisor als Alternative zum Menschen?

Diese sind im Grunde nichts anderes als automatisierte, algorithmusbasierte Finanzdienstleistungen, die individuelle Anlagestrategien bieten. Statt mit Hilfe eines persönlichen Vermögensberaters bestimmt der Kunde mit Hilfe eines Roboters, in was er investieren möchte. In der Schweiz gibt es inzwischen zahlreiche Angebote. Zu den grössten gehört jenes von True Wealth. Der gemäss Eigenaussage «führende Online-Vermögensverwalter der Schweiz» preist seinen Robo-Advisor mit niedrigen Kosten und hoher Sicherheit an. Pirmin Hotz wirft ein: «Der Kunde braucht Vertrauen, und ein Roboter kann ihm dieses nicht geben.» Dass Vertrauen in der Vermögensverwaltung mitunter die wichtigste Währung ist, sei bekannt. Roboter könnten zwar über eine gute Sachkompetenz verfügen, etwa bei Investitionen. Doch mangle es ihnen an Sozialkompetenz, sagt Hotz. «Viele Kunden wollen nicht nur über Business sprechen, sondern auch über Persönliches.» Bei Robotern sei das nicht möglich.

Ein weiterer Vorteil gegenüber den Robo-Advisors liegt gemäss Fuchs in der Individualität der Vermögensverwalter. Denn bei den Automaten werden oft Standardlösungen innerhalb der gewählten Anlagestrategie angeboten.

Individualität gegenüber Standardlösungen

Diese lassen sich nicht immer an die spezifischen Präferenzen oder besonderen Umstände eines einzelnen Anlegers anpassen. Daher, ist Pirmin Hotz überzeugt, werden Roboter die persönliche Vermögensverwaltung nicht verdrängen.

«Wir bringen Expertise, persönliche Betreuung und eine umfassende Analyse der finanziellen Situation mit, um fundierte Entscheidungen zu treffen und langfristige Ziele zu unterstützen», sagt Dainese. Wie auch für Hotz steht für sie Vertrauen an erster Stelle: «Persönlicher Kontakt und individuelle Betreuung sind für uns zentral, da Vertrauen zwischen Menschen und nicht zwischen automatisierten Lösungen entsteht.» Die Vermögensverwaltung würde die spezifischen Bedürfnisse der Kunden anerkennen und einen echten Mehrwert bieten, sagen sie. Daraus folgend zeigt sich die Zugerberg Finanz überzeugt: «Unabhängige Vermögensverwalter bleiben unerlässlich.»


Neue Luzerner Zeitung
8. August 2024

Autor

Alessandro Perucchi


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