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Zurück in die Zukunft in der Geldanlage

Ein Plädoyer für transparente Anlagen in Aktien und Obligationen

Komplexität und Intransparenz von Anlageprodukten haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Nach Ansicht des Autors bilden sie die Hauptursache der derzeitigen Bankenkrise. Er sieht eine Gefahr in alternativen Anlageprodukten und fordert eine Rückbesinnung auf einfache und transparente Direktanlagen wie Obligationen und Aktien. (Red.)

Im vergangenen Jahrzehnt haben Banken und Vermögensverwalter ihre Anlagepolitik in starkem Mass mit margenträchtigen strukturierten Produkten, Hedge-Funds- oder Private-Equity-Anlagen umgesetzt. Die Komplexität dieser oft intransparenten Produkte hat viele Anleger überfordert. Die Erfahrungen in der Finanzkrise sind ernüchternd. Die Rückzahlung zahlreicher strukturierter Produkte erfolgt nun ausgerechnet in Aktien von Banken und Versicherungen, die für die vermeintlich konservativen Käufer Verluste von teilweise weit mehr als 50% zur Folge haben. Das ist deutlich mehr, als mit einer diversifizierten Aktienanlage verloren gegangen wäre.

Illiquidität als Geschäftsbasis
Produkte mit Absolute-Return-Charakter sowie Hedge-Funds versprechen hohe Renditen bei tiefen Risiken und geringen Korrelationen zu traditionellen Anlagen. Die Entwicklung und der anschliessende Zusammenbruch der über viele Jahre erfolgreichen Fonds im alternativen Segment zeigen aber, dass ihr Rezept oft in ihrer Illiquidität gründet. Wenn primär in nicht börsenkotierte Anlagen, illiquide Hypothekenpapiere oder Wald investiert wird, ist es eine logische Folge, dass die Risikokomponente vermeintlich ausgeblendet wird. Viele dieser populär gewordenen Anlagen werden preislich über einen völlig subjektiv festgelegten Nettoinventarwert (Net Asset Value) definiert. Das geht so lange gut, wie der Fondsmanager nicht verkaufen muss. Wenn jedoch, wie in der gegenwärtigen Krise, Rücknahmen der Anleger zu verzeichnen sind, so kollabiert das System nicht selten analog zu einem Schneeballsystem. Vielen Anbietern bleibt nichts anderes übrig, als die Fonds zu schliessen, wenn ihre Kunden zum Ausgang rennen.

In Krisensituationen sind illiquide Produkte kaum veräusserbar. Das gilt für risikobehaftete Hypotheken-Produkte, Hedge-Funds, Private Equity, strukturierte Produkte oder Immobilien. Es ist deshalb zu befürchten, dass im Gegensatz zum liquiden Obligationen- und Aktienmarkt das volle Ausmass der Verwerfungen bei diesen Anlagen erst im Lauf der Zeit zum Vorschein kommt. Restriktive Ausstiegsklauseln und lange Bindungsfristen verstärken diese Gefahr. In der Not mussten Banken und gewisse Versicherungen deshalb ausgerechnet liquide Qualitätsaktien oder erstklassige Obligationen verkaufen, um ihre Risiken zu reduzieren. Das führt nicht selten zur absurden Situation, dass etwa Ramsch-Hypotheken, die die eigentliche Ursache der Krise darstellen, im Portfolio verbleiben. Die intransparente Politik im Umgang mit Kundengeldern ist nun zum Bumerang für die Banken selbst geworden. Sie haben, wie sie heute selber zugeben müssen, schlicht vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr gesehen, blind ihren statistischen Risikomodellen vertraut und jegliches Mass an gesundem Menschenverstand vermissen lassen. Eine explosive Mischung aus Intransparenz, überschätzter Prognosefähigkeit, fehlendem Risikoverständnis und gegenseitigem Misstrauen führte schliesslich zu einem systemischen Desaster.

Wette auf implizite Staatsgarantie
Bedenklich stimmt auch, dass renommierte Versicherer wie Swiss Life oder Swiss Re höhere Anteile in Hedge-Funds halten als in Aktien, welche immerhin über ein Jahrhundert bewiesen haben, dass sie die mit Abstand attraktivste Anlageklasse bilden. Noch grotesker ist der Umstand, dass der Anteil hochriskanter Obligationen (mit Rating «BBB» oder schlechter) sogar das Mehrfache dessen ausmacht, was in erstklassigen Aktien investiert ist. Versicherungsunternehmen missachten auch den Grundsatz der Diversifikation. Wenn Swiss Re einen zweistelligen Milliardenbetrag (mehr als das ganze Engagement aller Aktienpositionen) in Anleihen der angeschlagenen Fannie Mae und Freddie Mac investiert, stellt dies ein gefährliches Klumpenrisiko oder zumindest eine äusserst fragwürdige Wette auf eine implizite Staatsgarantie der Vereinigten Staaten dar.

Aus der Banken-, Hypotheken- und Produktekrise sollten Konsequenzen gezogen werden. Anleger sind gut beraten, wieder zu einfachen, transparenten und auch für Laien verständlichen Direktanlagen zurückzukehren. Die Tendenz vieler Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Privatinvestoren, Aktien- und Obligationenanlagen zugunsten von illiquiden und intransparenten alternativen Anlagen zu reduzieren, birgt die Gefahr, dass Risiken und faktische Verluste verschleiert und in die Zukunft verschoben werden. Für eine bestimmte Zeit können sich Anleger und Produkteanbieter zwar die Illusion tiefer Risiken und hoher absoluter Renditen einreden. Die Stunde der Wahrheit folgt nicht selten dann, wenn Positionen verkauft werden müssen. Aus dieser Perspektive ist es besser, mit Direktanlagen wie Aktien und Obligationen zu agieren. Sie sind transparent, kostengünstig und auch für den Durchschnittsbürger verständlich. Dazu braucht es den Mut zur Bescheidenheit und zur Einsicht, dass liquide und daher volatile Aktien die ehrlichere und langfristig erfolgreichere Anlage darstellen als vermeintlich risikoaverse und intransparente Alternativprodukte.


16. Dezember 2008


Autoren

PRIMIN HOTZ
ist Gründer der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen in Baar. Die Firma hat 12 Mitarbeiter und betreut Private und Pensionskassen. Bei Hotz stiegen die verwalteten Vermögen um 12%.


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