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Core-Satellite-Konzept erfüllt die Erwartungen oft nicht

Zufällig rotierende Satelliten

Das beliebte Core-Satellite-Konzept bildet die liquiden Teile des Vermögens, insbesondere Aktien und Obligationen, passiv respektive indexiert ab. Die Verwaltung der Nischen (Satelliten) erfolgt hingegen aktiv. Das Konzept enthält zahlreiche Widersprüche und erfüllt die Erwartungen in der Praxis oft nicht.
Die Märkte liquider Aktien und Obligationen sind in der Regel effizient. Damit sind sie faktisch unprognostizierbar, weshalb es auf die Dauer sehr schwierig oder sogar unmöglich ist, eine Benchmark zu schlagen und eine Überrendite in Form von Alpha zu erzielen. Diese Erkenntnis ist nicht neu und entspricht exakt den Forschungsergebnissen der nobelpreisgekrönten Professoren Fama, Markowitz und Sharpe. Während der Kern des Portfolios deshalb indexiert wird, gehen die Anhänger des Core-Satellite-Konzepts davon aus, dass der Markt der Satelliten ineffizient ist und deshalb das Erzielen einer Überrendite durch aktive Manager realistisch sei. Nur: Hält diese Annahme einem Praxistest stand?
«Aktiv gemanagte Fonds erzielen in ineffizienten Märkten eine noch höhere Unterperformance als in effizienten Märkten.»
Pirmin Hotz

Home Bias und Klumpenrisiken bei Schweizer Aktien
Eine konsequente Indexierung der Aktien erfolgt über den MSCI World. In diesem führenden Weltindex hat die Schweiz ein Gewicht von rund 3 Prozent, während die Vereinigten Staaten von Amerika aufgrund ihrer Marktführerschaft über 50 Prozent Gewicht besitzen. Merkwürdigerweise konterkarieren hier Consultants wie Pensionskassen ihre eigenen Vorgaben. Wie dem Credit Suisse Pensionskassen Index zu entnehmen ist, investieren nämlich schweizerische Pensionskassen im Durchschnitt knapp 43 Prozent des Aktienvermögens in der Schweiz. Dieser eklatante Home Bias bedeutet, dass der Anteil an Schweizer Aktien rund das 14-fache dessen beträgt, was bei konsequenter Umsetzung des Core-Satellite-Konzepts eigentlich zu erwarten wäre. Wenn ein eigentlich passiver Anlagestil aber derart «manipuliert» wird, kann guten Gewissens gar nicht mehr von einer passiven Umsetzung gesprochen werden. Dabei ist wichtig zu wissen, dass sich das Risiko eines Aktienportfolios im Unterschied zu Obligationen durch die Fokussierung auf den Heimmarkt nicht reduzieren lässt. Dies wurde am Tag der Aufhebung der Kursuntergrenze zum Euro durch die Schweizerische Nationalbank mehr als deutlich. Die international tätigen Schweizer Werte machten die Devisenverluste von Euro oder Dollar vollumfänglich mit und verloren an diesem historischen Tag 15 Prozent an Wert. Die Konzentration auf den Heimmarkt brachte keine Risikoreduktion.
Durch die aktive Aufblähung des passiv verwalteten Aktienmarkts Schweiz ergeben sich im Gegenteil Klumpenrisiken, die nicht im Sinn einer ausgewogenen Diversifikation sind. Die drei Titel Nestlé, Novartis und Roche reflektieren über 50 Prozent des schweizerischen Aktienmarkts. Wenn nun die Schweiz im Core-Aktien-Portfolio einen Stellenwert von 43 Prozent anstelle von 3 Prozent einnimmt, führt das unweigerlich dazu, dass die drei erwähnten Titel im Vergleich zur wirklich passiven Umsetzung das 14-fache Gewicht erhalten und damit mehr als 20 Prozent des gesamten Aktienbestands ausmachen. Das vermeintlich passive Konzept wurde aktiv ad absurdum geführt und mit Klumpenrisiken versetzt.

Prozyklizität in der Duration und bei der Schuldnerselektion
Widersprüche ergeben sich auch bei der Umsetzung der Obligationenanlagen. Wie wir in den vergangenen Jahren feststellen konnten, hat sich die Duration in den passiven Indizes im Zug der dramatischen Zinserosion markant erhöht. So ist diese in den vergangenen sechs Jahren in prozyklischer Weise um 40 Prozent von rund 5 auf 7 gestiegen.

Die Schuldner nutzen die historische Tiefzinsphase zur Aufnahme teilweise extrem langer Kredite. Die vermeintlich passiven Investoren erhöhen sodann aktiv ihre Risiken und dies womöglich zur Unzeit.
Parallel dazu erfolgte in den vergangenen Jahren auch eine schleichende Verschlechterung der in den Indizes enthaltenen Bonitäten. So hat beispielsweise im globalen Staatsanleihenindex der Anteil ohne AAA-Bonität seit 2006 von rund zwei auf über vier Fünftel zugenommen. Sieht so eine passive Anlagepolitik aus?

Die Risiken von passiv verwalteten Obligationenportfolios haben sich im Lauf der letzten Jahre signifikant und prozyklisch erhöht. Der passive Anleger vollzieht blind die aktiven Entscheide der Finanzchefs von Unternehmen und der Säckelmeister der hochverschuldeten Staaten.

Miserable Renditeausweise der Satelliten
Es lässt sich nicht abstreiten, dass gewisse Satelliten wie die Small-Cap-Aktien, die Schwellenmärkte, Private Equity, Hedge-Fund-Anlagen, Private Debt oder Infrastrukturanlagen nicht effizient im Sinn der reinen Theorie sind. Aber ist es wirklich einfacher, ineffizient funktionierende Märkte nach Kosten zu schlagen als effiziente? Ein Blick auf die jährlich erscheinende «Sonderbeilage Anlagefonds» der NZZ gibt Aufschluss.

Während die durchschnittliche, kumulierte Unterperformance aller aktiv verwalteten Aktienfonds Welt für die Periode 2007 bis 2014 gut 18 Prozent beträgt, nimmt die Unterperformance bei den Nebenwerten Welt kumuliert ein Mass von sagenhaften 50 Prozent an. Alarmierend sind auch die Ergebnisse der Hedge Funds. Während der passive Index HFRX für dieselbe Periode eine Rendite von kumuliert 13.4 Prozent ausweist, beträgt diese für die aktiv gemanagten Fonds im Durchschnitt 4.1 Prozent – was einer kümmerlichen Jahresperformance von weniger als 0.5 Prozent entspricht. Die Satelliten, die definitionsgemäss eine Überperformance erzielen sollten, entpuppen sich also in der Realität als alles andere als überirdisch. Je ineffizienter ein Markt, desto weiter liegen die Resultate der aktiven Fondsmanager von den passiven Indizes entfernt. Das ist im Grund auch gar nicht verwunderlich. Ineffiziente Märkte charakterisieren sich durch Intransparenz, Illiquidität und exorbitant hohe ausgewiesene und vor allem versteckte Gebühren. Natürlich lässt sich einwenden, dass es doch aktive Manager gebe, die in den Nischen überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen. Allerdings zeigt wiederum die Realität, dass die grossen Alpha-Gurus dieser Welt zwar temporär durchaus Überrenditen erzielen, um nach kurzer Zeit aber mit grossem Getöse wieder in der Versenkung zu verschwinden.

Ineffiziente Märkte sind überdies auch ein Tummelfeld für Gauner, Insider und Hochstapler. Kaum überprüfbare Renditeausweise sind oft reines Wunschdenken. Es liegt der Schluss auf der Hand, dass die Erzielung von Alpha und einer befriedigenden Rendite genau dort eine Illusion ist, wo das Core-Satellite-Konzept diese eigentlich verlangen würde.

Vermeidung von Klumpenrisiken durch Gleichgewichtung
Wenn man schon überzeugt ist, dass auf Dauer die Märkte nicht zu schlagen sind, dann sollte eine konsequent passive, kapitalisierungsgewichtete Indexierung auf das gesamte Portfolio Anwendung finden. Umgekehrt sollte eine aktive Einmischung in die Struktur nicht prozyklisch und «index-naiv», sondern intelligent, risikoreduzierend und möglichst antizyklisch erfolgen. Das kann zum Beispiel bei den Aktien bedeuten, dass in eine hinreichend breite Anzahl Titel mittels eines internationalen Branchenansatzes gleichgewichtet investiert wird.

Empirische Befunde zeigen, dass daraus verbesserte Rendite-Risiko-Eigenschaften entstehen, weil keine Klumpenrisiken existieren. Bei den Obligationen könnten, unabhängig von den Indizes, eine minimal erforderliche Bonität (beispielsweise A nach Standard & Poor’s) und eine konstante Duration definiert werden, um nicht prozyklischen Veränderungen unterworfen zu sein. Auch bei den Obligationen macht sodann eine Gleichgewichtung Sinn, um nicht plötzlich prozyklisch ein starkes Übergewicht der sogenannten Schuldenkönige im Portfolio vorzufinden. Genau diese Gefahr besteht bei einer passiven Umsetzung im aktuellen Umfeld, in dem Ramsch und Illiquidität wieder in Mode sind. Es lassen sich zwei Schlussfolgerungen ziehen. Erstens sollte das Core nicht naiv und prozyklisch indexiert, sondern frei von Klumpenrisiken möglichst anti-zyklisch und intelligent angelegt werden. Und zweitens brauchen Anleger nur ein effizientes Core, aber keine ineffizienten Satelliten.


1. September 2015

Autoren

PRIMIN HOTZ
ist Gründer der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen in Baar. Die Firma hat 12 Mitarbeiter und betreut Private und Pensionskassen. Bei Hotz stiegen die verwalteten Vermögen um 12%.


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