Private Equity - der Lack ist ab
Die hohen Renditeversprechen vieler Anbieter von Privatmarktanlagen sind unglaubwürdig. Die Risiken von illiquiden und mit erheblichem Fremdkapital gehebelten PE-Investments werden unterschätzt.
Private Equity (PE) ist im Grunde attraktiv, denn es repräsentiert unternehmerisches Realkapital, das in Form von Venture Capital oder Buyout-Transaktionen prädestiniert ist, langfristig hohe Renditen abzuwerfen. Es ist von jährlichen Renditen die Rede, die zwischen 10 und 30% liegen, was zunehmend institutionelle und private Anleger anlockt. Im Vergleich dazu werfen kotierte Aktien, je nach Beobachtungszeitraum, eine jährliche Rendite von fast lächerlichen 6 bis 10% ab.
Es gibt wohl kaum eine Anlagekategorie mit so vielen Rendite- und Risikomythen wie diejenige von PE. Das liegt primär daran, dass die verfügbaren Informationen «private» sind und es keine Börsenkurse gibt, die sich zur Analyse der tatsächlich erzielten Rendite herbeiziehen lassen. Im Unterschied zu kotierten Anlagen ist das Publikum auf Aussagen der Branchenvertreter angewiesen. Diese stützen sich auf selbst berechnete Renditen in Form des Internal Rate of Return (IRR).
Ludovic Phalippou, Finanzprofessor der renommierten University of Oxford, kritisiert seit Jahren, dass IRR-Renditen irreführend seien und keine vernünftige Aussage über die wirkliche Performance von PE-Anlagen zuliessen. Der Irrsinn sei, dass führende PE-Häuser hohe Renditen der Vergangenheit über Jahre und Jahrzehnte in die Zukunft extrapolieren würden. In einem sarkastischen LinkedIn-Kommentar vom 28. Februar 2023 gratuliert der Forscher dem amerikanischen Marktführer KKR zu seiner sagenhaften IRR-Rendite von 25,6% im schwierigen Jahr 2022. Das sei erstaunlicherweise exakt die gleiche Rendite, die KKR bereits in jedem einzelnen Jahr der zwei Jahrzehnte zuvor verkündet hätte. Bei anderen PE-Gesellschaften sei dies genauso.
Anklänge an Schneeballsystem
In der Tat erstaunt es, dass die selbst errechneten Renditen vieler PE-Anbieter auch während Finanz- und Coronakrisen konstant auf über 20% verharren - ganz im Gegensatz zu kotierten Aktien, die in solchen Zeiten massiv einbrechen. Die Anlegerlegende Warren Buffett wies zu Beginn des Jahres an einer Investorenkonferenz darauf hin, dass sich die Branche abenteuerlicher Methoden bediene, um ihre Renditeergebnisse in luftige Höhen zu hebeln. Während beispielsweise bei der Berechnung der Fees auch die Kundengelder eingerechnet würden, die noch gar nicht abgerufen wurden, würden exakt diese Gelder bei der Renditeberechnung herausgerechnet. Diese krude Praxis führt dazu, dass IRR-Renditen im Vergleich zu gängigen Renditeberechnungen erheblich verzerrt sind. Forscher Phalippou hält IRR-Renditen schlicht für, pardon, Bullshit. Niemand in der Branche würde 25 oder 30% Rendite erwirtschaften; das Gehen über Wasser sei realistischer, schreibt er in seinem Tweet vom 21. März.
Eine Annäherung an die Realität, wie PE über einen langen Zeitraum tatsächlich rentiert, bieten kotierte PE-Beteiligungsgesellschaften, deren Performance über die Börse transparent nachvollziehbar ist. Sie sind dem harten Wettbewerb des Markts ausgesetzt und es ist anzunehmen, dass deren Manager alles daran setzen, im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit möglichst erfolgreich abzuschneiden. Schönfärberei ist ausgeschlossen. Die Fakten sprechen gegen die PE-Magier. Für einen breit abgestützten, schweizerisch-liechtensteinischen PE-Basket, der unter anderem die kotierten Princess Private Equity (Partners Group), Private Equity Holding (Alpha Associates) und Castle Private Equity (LGT) enthält, errechnet sich für die Periode vom 1. Januar 2000 bis 31. August 2023 eine jährliche Rendite von -0,6%. Das liegt weit unter der Rendite von kotierten Schweizer Aktien, die in derselben Periode jährlich 4,6% abgeworfen haben.
Wer Anfang 2000 den Betrag von 1000 Fr. in PE-Beteiligungsgesellschaften investiert hat, besass Ende August 2023 den Gegenwert von 867 Fr. - bei kotierten Schweizer Aktien resultierten 2899 Fr. Dazu kommt, dass der Maximalverlust bei PE mit 69% massiv höher ausfiel als bei kotierten Schweizer Aktien mit 35%. Bezeichnend für die monumentale Diskrepanz zwischen rein buchhalterisch errechnetem Net Asset Value (NAV) und effektivem Marktkurs ist das schwierige Jahr 2022: Während der NAV beispielsweise von Princess Private Equity nur 1,6% einbüsste, sackte der Börsenkurs 42% ab. Ein Bonmot der Finanzbranche lautet: Der Markt hat immer recht. Das gilt auch für PE.
Mikkel Svenstrup, CIO der grössten staatlichen Pensionskasse Dänemarks, ATP, verglich im Herbst letzten Jahres an der IPEM Private Equity Conference in Cannes das Anlagesegment PE mit einem Schneeballsystem. Geteilt wird diese Meinung gemäss «FT» von Vincent Mortier, CIO des Vermögensverwalters Amundi Asset Management. Beide Kritiker verweisen darauf, dass Buyout-Gesellschaften sich ihre Beteiligungen zunehmend gegenseitig verkaufen würden, um ihr Business aufzupolieren.
In seinen rund 150 PE-Funds stellte Svenstrup fest, dass 2021 mehr als 80% der Portfolioverkäufe entweder an eine andere Buyout-Firma gingen oder es sich um sogenannte continuation Fund Deals handelte. Bei diesen veräussert eine PE-Firma eine Unternehmensbeteiligung von einem Fund an einen zweiten, wobei die Firma auch diesen Fund beherrscht. Gemäss Svenstrup sei es auf diese Weise üblich, durch gezielte Transaktionen die Performance-Fee zu erhöhen. Das sind harte Vorwürfe, die ins Mark der Branche zielen.
Die Risiken von illiquiden und mit erheblichem Fremdkapital (Leverage) gehebelten PE-Anlagen werden massiv unterschätzt. So ist es ein Mythos, dass PE die Volatilität in Wertschriftenportfolios reduzieren würde. Es klingt wie im Märchen: viel höhere Renditen, und das erst noch bei geringeren Risiken - ein vermeintlicher Free Lunch. Mitnichten: Weil der rein buchhalterisch ermittelte NAV naturgemäss viel geringeren Schwankungen ausgesetzt ist als ein Börsenkurs, sind die berechneten Schwankungsrisiken per Definition geglättet.
Transaktionsvolumen ist eingebrochen
Deshalb ist es absurd, bei illiquiden Anlagen wie PE, einer Oldtimer-Sammlung oder einem Stück Weideland in der Provence die Volatilität als Risikomass heranzuziehen. Genauso gut könnte man bei Nestlé anstelle der Schwankung des Aktienkurses diejenige des Eigenkapitals messen. So mutiert jede kotierte Aktie, schwuppdiwupp, zu einem äusserst konservativen Investment.
Weil in jüngerer Zeit das Transaktionsvolumen eingebrochen ist und Rückflüsse an Investoren ins Stocken geraten sind, gewähren viele PE-Anbieter ihren Kunden Preisnachlässe oder sogenannte Management Fee Holidays, um sie bei der Stange zu halten. Einige nehmen auch teuer verzinsliche Kredite in der Höhe von bis zu 30% des ihnen anvertrauten Kapitals auf, um Teile davon für Rückflüsse an die Investoren zu verwenden - ein gewagtes und absurdes Manöver, das desaströs enden kann. Aufgrund von Intransparenz ist dies für Investoren schwer zu durchschauen.
Vor Kosten dürfte die jährlich zu erwartende Rendite von PE im Durchschnitt leicht über derjenigen von kotierten Aktien liegen - beispielsweise bei 10% versus 8%. Da die Gesamtgebühren von PE gemäss dem Beratungsunternehmen PPCmetrics aber auf jährlich rund 6% veranschlagt werden, während sie bei kotierten Aktien weniger als 1% betragen, liegt die jährliche Performance nach Kosten 3 bis 4% unterhalb derjenigen von kotierten Aktien. Die in wundersamen Slideshows angepriesenen Superrenditen und die Illiquiditätsprämie von PE-Anlagen erweisen sich, bei Lichte betrachtet, als Fata Morgana. Wer in PE investieren will, kauft nicht die Produkte, sondern die Aktien der Anbieter.
Dr. Pirmin Hotz
ist Gründer und Inhaber der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen AG mit Sitz in Baar
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