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Bonusexzesse – jetzt sind die Anleger gefordert

Hochmargige Produkte führen zu Interessenskonflikten

Die Finanzkrise hat zwischenzeitlich gewaltige Vermögen vernichtet. Nicht nur Banken und Versicherer, auch viele private Anleger sind von den einst als Wunder-mittel angepriesenen Finanzinnovationen wie Hedge Funds, strukturierten Produkten oder Private Equity schwer getroffen worden. Nicht wenige dieser Investoren sind aufgrund von intransparenten und oft illiquiden Anlagen an den Rand ihrer Existenzfähigkeit gedrängt worden. Es ist deshalb mehr als erstaunlich, dass sich die Finanzbranche noch immer weigert, die Lehren aus der Krise zu ziehen.

Hochrangige Banker sprechen nach wie vor von hohen, marktunabhängigen, absoluten Renditen und drängen ihre Berater, die längst zu Verkäufern mutiert sind, zum Verkauf komplexer und margenträchtiger Produkte. Aufgrund von vermeintlichen Marktineffizienzen würden ihre Talente mit solchen Konstrukten Informationsvorteile profitabel nutzen, lautet fast einhellige der Tenor. Das mag für Käufer solcher Produkte, die in jüngerer Vergangenheit oft hohe Verluste erlitten haben, fast schon zynisch klingen, weil auch die gelobten Berater die Krise nicht vorausgesehen haben.

Die nicht nur wegen Lehman in Verruf geratenen Strukis erleben eine erstaunliche Wiedergeburt. Die Anleger scheinen vergessen zu haben, dass manche dieser mit hohen Coupons versehenen Konstrukte in der Baisse wegen komplexer Rückzahlungsmodalitäten eine Risikobombe waren. Darüber hinaus befinden sich die Verkäufer von hochmargigen Produkten in einem steten Interessenskonflikt. Die Verlockung, die vorgegebenen Bonusziele den Kundeninteressen überzuordnen, ist gross.

Zurück zur Basis
Es ist Zeit, dass die Kunden realitätsfremden Versprechungen ihrer Berater kritisch begegnen. So ist es eine Tatsache, dass die Informationsgeschwindigkeit und -dichte in den relevanten und liquiden Finanzmärkten weiter gestiegen ist. Systematisch erfolgreiche Prognosen zu stellen, ist für die meisten Akteure Wunschdenken und somit eine Illusion. Es genügt ein regelmässiger Blick auf die Renditeergebnisse von Fondsmanagern. Kaum einer schafft es auf Dauer, nach Kosten einen relevanten Index zu schlagen.

Noch frappanter ist der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei Alternativanlagen wie Hedge Funds. Zwar proklamieren kaum nachvollziehbare Indexberechnungen für das vergangene Jahr Renditen von hohen 11 bis 19% und damit eine Renaissance der in der Krise entzauberten Branche. Sie kontrastieren allerdings scharf mit den bescheidenen Resultaten von in der Schweiz gehandelten Funds of Hedge Funds, die 2009 risikobereinigt und besonders im Vergleich mit Aktien einen enttäuschenden Ertrag von durchschnittlich weniger als 6% abgeworfen haben. Massive Gebühren fressen die vermeintlich guten Ergebnisse der «Talente» offensichtlich weg. Für Vermögensverwalter, die in der Vergangenheit Margen von gegen 150 Basispunkten anvisiert und erzielt haben, wird die Beute in Zukunft weniger nahrhaft sein. Aufmerksame Investoren werden aufgrund der Erfahrung in der Finanzkrise nur noch Anlagen wählen und auf Instrumente setzen, die sie verstehen.

Der Kunde entscheidet
Überhaupt ist im Zusammenhang mit den heftig kritisierten Bonusexzessen die Macht der Anleger viel zu wenig angesprochen worden. Überhöhte Boni werden nicht zuletzt durch naive und gierige Investoren finanziert. Es liegt nicht nur an den Aktionären und noch weniger an den Regulierungsbehörden, das Heft in die Hand zu nehmen. Sie werden auch die nächste Krise nicht verhindern können. Wenn aber die Anleger hochmargige und intransparente Produkte ablehnen, die ihnen von Beratern zum Kauf angeboten werden und die sie selbst oft gar nicht verstehen, erledigt sich die Problematik der überhöhten Boni in Banken fast wie von allein. Man kann nicht gegen zu hohe Vergütungen bestimmter Finanzhäuser wettern und gleichzeitig völlig überteuerte Funds of Hedge Funds kaufen.

Banken und Vermögensverwalter ihrerseits müssen sich den veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Kurzfristige, transaktionsintensive Strategien sollten sie genauso meiden wie Produkte, die für den Anbieter zwar lukrativ, für den Anleger aber intransparent und oft riskant sind und selten halten, was sie versprechen.

Modetrends negieren
Die Exponenten der Finanzbranche müssen sowohl in ihren Versprechen gegenüber den Kunden wie in Bezug auf ihre eigenen Ertrags- und Bonusziele bescheidener werden. Das langfristige Engagement in qualitativ gute Obligationen, Aktien und allenfalls in kostengünstige ETF mag unspektakulär und für die Vermögensverwalter kurzfristig weniger lukrativ sein. Auf Dauer ist es aber ehrlich und für den Kunden nachhaltig.

Langfristig investieren heisst auch nicht – obschon von Kritikern immer wieder behauptet – eine Tendenz zu Passivität oder ein naives Buy and Hold in der Anlagestrategie. Die Evaluation der Risikofähigkeit des Kunden, die sinnvolle Strukturierung seines Vermögens auf die verschiedenen Anlagekategorien, die ständige Überwachung der Qualität des Portfolios sowie je nach Situation eine antizyklische Anlagepolitik sind ein dauernder, aktiver Prozess.

Die Simplizität in der Vermögensverwaltung ist ein Erfolgsrezept, das in einer trendigen Finanzwelt Standfestigkeit und Bescheidenheit erfordert – die in der Praxis aber leider dünn gesäte Eigenschaften sind. Wenn die Finanzdienstleister nicht lernen, langfristig zu denken und den Kunden in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zu stellen, ist die nächste Krise nur eine Frage der Zeit.


26. Mai 2010


Autoren

PRIMIN HOTZ
ist Gründer der Dr. Pirmin Hotz Vermögensverwaltungen in Baar. Die Firma hat 12 Mitarbeiter und betreut Private und Pensionskassen. Bei Hotz stiegen die verwalteten Vermögen um 12%.


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